Philippinische Gäste im Gottesdienst vom 27. Oktober 2024

0ef25b40-2e0e-4e6f-a154-c3658a8adb22 4 (Foto: Julia Rieser und Micheal Ziegler)

Emotional berührende Lebensberichte aus den Slums von Manila in der Evangelischen Kirche Amriswil und ein gut besuchter Pasta-Plausch im Kirchgemeindehaus waren Höhepunkte des Besuchs einer Delegation von Onesimo.
Liliane Germann,
«Meine Kindheit bestand aus Gehorchen und Schuften», sagte Marvin. Der nun 22-jährige lebt als ältester von fünf Geschwistern in einem der krassesten Slums in Manila. Kurz vor der Abreise in die Schweiz wurde Marvin zu allem auch noch obdachlos. Bei dem Brand im Armenviertel Aroma haben über tausend Familien ihr Zuhause verloren. Davon betroffen sind neben Marvin auch zwölf junge Menschen aus dem Reha-Programm von Onesimo. Marvin erzählte, dass er mit 17 Jahren Gangster geworden sei und in die Drogen- und Alkoholsucht gerutscht war. «Oft hat mich die Polizei verfolgt» sagte er. Nach vier Jahren auf der Strasse habe ihm ein Kollege von den Programmen bei Onesimo erzählt. Dort habe er waschen, glätten und sich zu pflegen gelernt. Und in nur zwei Jahren habe er die ganze Schulbildung nachgeholt. Nun ist er Delegierter des Hilfswerks Onesimo geworden, das vom Basler Ehepaar Christian und Christine Schneider 1996 gegründet wurde, und von der Kirchgemeinde Amriswil-Sommeri seit Jahrzehnten unterstützt wird. Mitte Oktober ist Marvin das erste Mal im Leben in ein Flugzeug gestiegen und erzählte uns am Sonntagmorgen, 27. Oktober, in der Evangelischen Kirche in Amriswil seine eindrückliche Lebensgeschichte.

Auch das Lebenszeugnis von Julie-Anne hören wir. Sie sei von ihrem Onkel sexuell missbraucht worden. Sie habe lange darüber geschwiegen, weil er sie bedroht habe, ihr etwas anzutun, wenn sie davon erzählen würde. Als Zwölfjährige sei sie von zu Hause weggerannt und habe unter einem falschen Namen begonnen zu arbeiten. Es folgten Suizidversuche. Später stiess sie zu Onesimo. In einem Auffangprogramm für traumatisierte Mädchen machte sie ein zweijähriges Reha-Programm und begann ein Studium der Kriminologie, in dem sie nun steht.

Solch bewegende Worte, die an die Nieren gehen und nicht kalt lassen, hörte eine volle Kirche in Amriswil an diesem Sonntagmorgen. In ihren sehr persönlichen Zeugnissen berichteten die jungen Philippiner und Philippinerinnen über ihre schweren Lebenserfahrungen, aber auch über die Vergebung und die Liebe von Jesus Christus, die ihr Leben radikal veränderte und ihnen einen Neuanfang ermöglicht hat. Das ging ans Herz und bewegte emotional sehr. Keine leichte Kost, die da den Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern aufgetischt wurde! Und doch auch sehr eindrücklich! Aufgelockert wurde die schwere Kost der Lebenszeugnisse von tollen Songs und Tanzvorführungen der jungen Philippiner.

Nach dem Gottesdienst waren alle eingeladen zu einem sehr köstlichen Pasta-Plausch im Evangelischen Kirchgemeindehaus. Dieser Einladung folgten knapp hundert Personen. Wir hörten nochmals nach dem Hauptgang einen bewegenden Lebensbericht, ein Interview mit dem Pastor vor Ort und sangen zum Schluss noch ein gemeinsames Lied. Am frühen Nachmittag verabschiedeten wir die Crew von Onesimo. Wir werden diese wunderbaren Delegierten vermissen – aber ihre eindrücklichen Berichte bleiben und bewegen nachdrücklich. Es berührt, dass an diesem Tag eine Kollekte in der Höhe von knapp 3'500 Franken für Onesimo eingelegt wurde. Dies ist auch ein Zeichen dafür, wie wertvoll die Arbeit von Onesimo ist – und was für ein Segen! Allen Helferinnen und Helfern sei auch an dieser Stelle ganz herzlich für ihren Einsatz an diesem Sonntag gedankt.

Michael Ziegler, Pfarrer

Bereitgestellt: 31.10.2024     Besuche: 16 Monat  
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